Tourismus hilft Tiere schützen - NTV

von Bernd Kubisch

Elefanten-„Führerschein“ im Dschungel

Alles Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken – der Elefanten! Zumindest im Norden Thailands, wo immer mehr umweltbewusste Farangs im Urlaub mit Dickhäutern leben, unter fachkundiger Begleitung durch den Dschungel reiten und dabei die Natur und das Leben von Bergvölkern erkunden. Das Wort Farang steht für Gäste aus dem Westen, die ja längere Nasen und mehr Geld haben.

Ausgerechnet eine „Langnase“, ein ehemaliger Pfleger des Berliner Tierparks Friedrichsfelde, zählt heute in Thailand zu den angesehensten Elefantenführern und -trainern der Region. Die Tiere brauchen auch dringend Hilfe. Denn die Zahl der Dickhäuter wird in Asien immer kleiner und ihr Leben vielerorts immer trauriger. Sanfter Tourismus hilft Tier und Mensch.

Das Dickhäuter-Camp in Mae Sapok, das Bodo Jens Förster mit seinem thailändischen Partner Chai Nam Tsetang aufgebaut hat, liegt am Rande des „Doi Inthanon“-Nationalparks, eine Autostunde von der Großstadt Chiang Mai entfernt. Es ist vor allem wegen seiner Urwald-Exkursionen und einem 14-Tage-Kurs mit Elefanten-„Führerschein“ beliebt.

Von Berlin-Friedrichsfelde nach Thailand

Der Deutsche nickt lächelnd auf die Frage, ob er ein „Verrückter“ in Sachen Dickhäuter ist. „Als Elefantenpfleger in Berlin-Friedrichsfelde habe ich von der Begegnung mit den Tieren in ihrer ursprünglichen Natur geträumt.“ Knapp ein Jahr nach dem Mauerfall reiste er nach Thailand. Dort lernte der langhaarige 46-Jährige sein Handwerk bei den Mahouts, wie die Elefantenführer beim Bergvolk der Karen heißen. Dazu gehört viel Verständnis, Gefühl und vielleicht auch ein wenig Glück. Förster erinnert sich: „“Bewege diesen Elefanten“, sagte mir einer der Mahouts. Ich konnte ihn tatsächlich bewegen, durfte bleiben und lernen. Ich akzeptiere Tiere, Menschen und Natur. Deshalb wurde ich schon damals hier akzeptiert.“

Wer in Thailand Urlaub mit Elefanten zwischen Bambus, Reisfeldern und Teakwäldern macht, erlebt nicht nur ein persönliches Glücksgefühl und hat zu Hause in der Firma oder am Stammtisch viel zu erzählen. „Das Leben und Lernen der Touristen mit Dickhäutern gibt Einheimischen und den Tieren Lohn und Brot, fördert das Verständnis von Natur und verschiedenen Völkern“, sagt der Innsbrucker Dieter Schramm, einer der 30 Mitarbeiter des Unternehmens. Der 47-Jährige leitet das kleinere der beiden Camps von Elephant Special Tours in Mae Sapok, wo auch die längeren Exkursionen zu Bergvölkern, Tempeln und Wasserfällen starten. Alle sind Gewinner, wenn sie behutsam miteinander umgehen.

Gäste und Elefanten-Fans aus Leverkusen, Berlin, Hamburg, Zürich, Wien und Sidney bestätigen das, auch die Unternehmensberaterin Bianca Horna aus Frankfurt am Main. Die 39-Jährige sitzt ganz entspannt auf „Mae Geo“, die beim Dschungelausritt gerade wieder eine Naschpause einlegt und am Bambus zupft. Horna liebt seit ihrer Kindheit Elefanten. Ausritt, Lenken, Führen, Wenden auf engem Raum, auch Stämmestapeln, Baden und Waschen im Fluss sowie das Aufschnallen des Sitz- und Lastenkorbs gehören zum 14-tägigen Kurs mit den grauen Riesen.

„Alles nicht so schwer“  

„Das ist alles nicht so schwer, zumal mich mein Tier gut zu verstehen scheint“, sagt Horna. Zwischen Flüsschen, Elefantengras, Bambusstauden und hohem Gebüsch nähern sich die Gäste in Begleitung ihrer Mahouts am ersten Tag den Tieren. Die Elefanten nehmen dann Kontakt mit ihren Schülern auf. Jeder redet mit seinem Tier, ob in Deutsch, Englisch oder Thai. Die Dickhäuter registrieren Geruch, Bewegung und Stimme. Parfüm und Creme sind unerwünscht. Das würde den Geruchssinn der Tiere stören.

„Mae Geo“ hat mich schnell akzeptiert“, sagt Horna. Das einzige Problem: Beim Aufschnallen des Metallkorbes auf dem massigen Rücken hat die Urlauberin Schwierigkeiten. „Die Verknotung der schweren Seile ist zumindest für Frauenhände nicht so einfach. Für mich ist das der schwierigste Teil des Kursus.“ Die Seile dürfen nicht zu straff, aber auch nicht zu locker befestigt sein. Der Korb muss, besonders wenn er schwere Lasten trägt und nicht nur einen Menschen, auch bei Auf- und Abstieg in Balance auf dem Elefantenrücken bleiben.

Zum Glück ist Doe immer zur Stelle und zieht nun einen der Knoten fester. Der 25-Jährige Mahout vom Bergvolk der Karen kümmert sich rund um die Uhr um „Mae Geo“. Mit ihr erkundet er neue Futterstellen und schläft auch ein paar Meter von ihr entfernt im Wald. Doe hat seiner deutschen Schülerin beigebracht, ihrem Tier beim Ausritt viel Freiraum zum Fressen zu lassen. Das macht sie auch heute am letzten Tag ihrer zwei Elefanten-Wochen.

„Mae Geo“ ist 22 Jahre alt und etwa im 19. Monat schwanger. In drei oder vier Monaten kommt ihr Baby zur Welt. Die Elefantenlady biegt sich mit ihrem Rüssel eine Bambusstange zurecht, bricht sie geschickt und schiebt sich die Stücke ins Maul. Genug gefressen. Weiter geht’s. „Kwe!“, „Kwe!“ („Zurück!“) Mit diesem Ruf und ihren Füßen versucht Horna von ihrem Sitzkorb aus, das Tier vom Bambus wegzulocken und zum Weitertrotten zu ermuntern. Nach einem lauten „Hu!“, „Hu!“ („Vorwärts!“) setzt sich „Mae Geo“ gemächlich in Bewegung.

Hilfe durch junge Karen  

Ein älterer Berliner, der im Camp einen kurzen Schnupperkurs macht, schaut bewundernd zu. Er ist froh, dass er nicht selbst steuern und rufen muss und seine Elefantendame „Mae Geo“ folgt. Es geht einen Teakholzhain steil bergab. Der Berliner klammert sich an seinen Sitzkorb, damit er nicht nach vorn rutscht und auf Mahout Tam. Der 20-jährige Karen sitzt auf dem Nacken des Tieres, hält mühelos Balance und steuert seinen Elefanten lässig mit den Schenkeln. Das Stöckchen mit stumpfen Haken muss er bei Elefantenmutter „Mae Kam Noi“ kaum einsetzen. Sie ist 17. Ihr sieben Monate altes Baby läuft immer um sie herum, zupft auch spielerisch an Blättern und Ästen, frisst davon aber nichts, sondern macht hin und wieder einen Milchstopp bei der Mama.

„Bei der Geburt war der Nachwuchs 100 Kilo schwer, heute bringt er fast das Doppelte auf die Waage“, erklärt Tam. Bis der junge Elefant das Gewicht der Mutter von 2,5 Tonnen erreicht, dauert es noch eine Weile. „Jungtiere sollten wenigstens vier Jahre bei ihrer Mutter bleiben dürfen“, sagt später Bodo Jens Förster. In vielen Camps und auf Farmen würden Elefanten zu früh getrennt. „Das schadet ihrer Entwicklung.“ Der Deutsche ist froh und stolz, dass sich bei ihm die Dickhäuter wohlfühlen. Acht ausgewachsene Elefanten, davon ein Bulle, leben im Camp, außerdem fünf hier geborene Jungtiere. Bis auf ein Tier sind alle Elefanten, die mit Touristen arbeiten, gemietet. Die Eigentümer leben in einem Dorf an der Grenze zu Birma.

Bis zu 200 kg Grünzeug täglich

Der Unterhalt eines Elefanten kann bis zu 25 Euro am Tag kosten. Ein Jumbo verschlingt täglich 100 bis 200 Kilo Grünzeug und braucht 100 Liter Wasser. „Unsere Elefanten sind halbwild, nachts sind sie im Wald, suchen sich ihre Nahrung, tags müssen wir zufüttern“, sagt Förster. Er hat eine Genehmigung der zuständigen Behörde in Bangkok, dass die Tiere im staatlichen Wald leben und fressen dürfen.

Mit Appellen, Medienkampagnen und auch Patenschaften versuchen Umwelt- und Tierschutzorganisationen, aber auch Regierungsstellen und Kommunen, die Existenz der Elefanten in Reservaten, Parks und in der Wildnis zu sichern. Auch Phairat Chaiyakham (65), Chef des „Pattaya Elephant Village“ 800 Kilometer südlich von Chiang Mai, kämpft seit Jahrzehnten für den Schutz der Tiere.

Phairat beklagt immer wieder, dass auch heute noch „zu viele Tiere in Asien und auch in Thailand als Bettelefanten durch Verkehrsgewühl in Metropolen stampfen müssen, damit Geschäftsleute und Passanten eine Futterspende geben“. Diese Tiere sind oft unterernährt und sehr anfällig für Krankheiten. In Thailand sei diese Bettelpraxis illegal, sagt Phairat, aber nicht ausgerottet. Auch in seinem Elefantendorf lernen in- und ausländische Gäste viel über die Tiere und sichern mit Ausritten eine erträgliche Existenz der Elefanten. „Das ist besser als Almosen und Betteln.“

Mehr als hundert Elefantenparks  

Mehr als hundert Elefantenparks und -camps gibt es heute in dem südostasiatischen Land, allein im Großraum Pattaya knapp zehn und um Chiang Mai über 20. Vielerorts sehen Urlauber den Dickhäutern bei ein paar Zirkuseinlagen oder beim Fußballspielen zu, reiten ein Stündchen und erfahren wenig über Leben und Bedrohung der Tiere. Und mancher sogenannter Elefantenhüter, der oft selbst kaum genug zum Leben hat, gibt seinem Tier mehr Schläge als Hege und Pflege. Nicht selten stehen und liegen die Elefanten nachts dicht an dicht auf einem dünnen Streifen zwischen Straße und Reisfeld. Auch Bodo Jens Förster und sein Team sind wütend und traurig, wenn anderswo Tiere misshandelt werden, unterernährt sind oder Opfer von Verkehrsunfällen und Landminen werden.

Zum Glück gibt es das „Asian Elephant Hospital“ von Soraida Salwala in Lampang im Norden des Landes. Die heute 53-jährige Thailänderin kümmert sich hingebungsvoll um Dickhäuter, seit sie als Achtjährige einen Elefanten qualvoll sterben sah, den ein Lastwagen angefahren hatte.

Elefantenkind „Mosha“ ist einer der Dauerpatienten in der Klinik von Soraida. Vorsichtig tritt es mit dem rechten Vorderbein auf, das von einer Prothese gestützt wird, die Soraidas Team hergestellt hat: Ein Sack aus dickem Plastik, unten mit Holzspänen gefüllt, darauf ein weiches Kissen. „Mosha“ wird das Ganze über den Stumpf gezogen und mit Riemen um den Bauch geschnallt. Das damals sieben Monate alte Elefantenbaby war im Dschungel im Grenzgebiet zu Birma auf eine Mine getreten, die Explosion riss das Vorderbein halb. Auch durch Besuche in der Klinik erfahren Elefantenfans viel über die Tiere.

Zahl drastisch gesunken

Vor 100 Jahren lebten noch mehr als 100.000 Elefanten in Thailand. Seitdem ist ihre Zahl dramatisch zurückgegangen. „Heute sind es nur noch 5000“, berichtet die Asian Elephant Foundation of Thailand. Und die Zukunft der Dickhäuter sei leider ungewiss. Idealisten und Elefantenfans wie Bodo Jens Förster und Soraida Salwala versuchen zu helfen. Und Touristen können es auch. Im Schnitt 100 bis 120 Euro kostet ein Tag mit Dickhäutern – Unterricht, Mahlzeiten, Ausflüge in Bergdörfer und Elefanteninstitut sowie Übernachtung in einer Lodge im Grünen mit Blick auf Reisfelder und Bananenstauden inklusive.

Der Elefantenflüsterer - SPIEGEL ONLINE

zum Originalartikel (mit Fotos), Spiegel, 31.07.2009

von Thilo Thielke, Mae Sapok, Spiegel Online

Im Norden Thailands erfüllt sich ein Tierpfleger aus Thüringen seinen Traum: ein Leben unter Elefanten. Mittlerweile hat Bodo Förster eine ganze Herde beisammen und bildet Tierfans ganz in der Nähe der Touristenhochburg Chiang Mai zu Mahouts aus.

Ach, Elephas maximus! Was waren das noch für Zeiten, gerade einmal etwas mehr als einhundert Jahre ist es her, als Ernst von Hesse-Wartegg, der Reisende aus dem Abendland, beeindruckt notieren konnte, „die ausgedehnten Urwälder und Dschungel am Menamstrom und seinen Nebenflüssen“ wimmelten „von Elefanten, die in Herden bis zu mehreren Hunderten vorkommen“, „neben den größten, mit gewaltigen Stoßzähnen bewaffneten grauen Elefanten“ will der österreichische Reiseschriftsteller sogar „die berühmten weißen Elefanten“ erblickt habe.Er habe „kolossale Tiere“ erspäht, berichtete der Geheime Hofrat 1899, schwärmte von „wilden Dickhäutern“ und „königlichen Elefanten“ und freute sich, wie gut es ihnen im Vergleich zu den Brüdern und Schwestern in Ostafrika oder Indien gehe – „weil die Buddhisten nicht nur das Leben der Elefanten, sondern überhaupt aller Tiere heilig halten“. Rund 100.000 „kolossale Tiere“ sollen damals Siam bevölkert haben, ein Land, das gerne „Reich des weißen Elefanten genannt wurde“. Und heute? Bonjour Tristesse! Weniger als dreitausend der „gewaltigen Tiere“ sollen in Thailand noch in freier Wildbahn unterwegs sein und ungefähr genauso viele in Gefangenschaft: geknechtet, vermarktet, ausgebeutet. Eine geschundene Kreatur, die unter dem Gejohle aufgekratzter Touristen gegen Fußbälle treten und zu ohrenbetäubender Musik herumhampeln muss, schwitzende Fremdlinge durch die Gegend schleppt oder als Bettelelefant traurig übers Großstadtpflaster trottet. Kein Wunder, dass die Elefantenpopulation jedes Jahr um drei Prozent sinkt. In 14 Jahren, so die Prognose, gibt es in Thailand keine dieser stolzen Tiere mehr.

Elefantenführerschein als Marketinggag

„Das muss nicht sein“, sagt Bodo Förster, 47. Der Deutsche ist in Thailand so etwas wie der Elefantenflüsterer, er lebt seit 2001 im Land, in einem Ort namens Mae Sapok, irgendwo im Norden, eine Autostunde von Chiang Mai entfernt; „am Ende der Welt“, wie er sagt. Förster jedenfalls freut sich regelmäßig über Elefantennachwuchs, über „Kälber ohne Ende“. Sieben Babyelefanten hat er schon in seiner Herde, das achte kommt bald. Daneben kümmert er sich um neun ausgewachsene Tiere. „Verwirklichung eines Traums“ nennt er das, und Menschen wie sich nennt er „Elefantenleute“. Förster hat sich sein kleines Paradies geschaffen. Mitten im Wald, neben einem romantischen Wildbach, in den ein Wasserfall hinunterstürzt, errichtete er eines seiner beiden Elefantencamps. Hier leben die Mahouts, die Elefantenboys, und die Tiere können durch das Dickicht streifen. Und ein paar Kilometer entfernt steht Försters Lodge mit ihren drei Gästezimmern. Da bereitet Förster (Sandalen, blaue Schlabberhose, Pferdeschwanz und weißes T-Shirt) seine Touristen auf ihre heikle Mission vor. Die Fremden, die meisten aus Deutschland, sollen bei Bodo Förster nämlich den Umgang mit den Rüsseltieren lernen. Tagsüber dürfen sie die Elefanten reiten, füttern, streicheln, führen, was des Tierliebhabers Herz begehrt – bis die zähesten unter ihnen dann den „Elefantenführerschein“ mitnehmen dürfen. Der „Elefantenführerschein“ ist Försters Marketinggag. Man bekommt ihn, wenn man das 14-Tage-Spezialprogramm mitmacht, es kostet 1650 Euro pro Person.

Försters Konzept, Tourismus mit Tierschutz zu verbinden, funktioniert hervorragend. Offensichtlich fühlt sich nicht nur „das Viehzeug“ (Förster) wohl, auch die Gäste kommen wieder. 600 wissbegierige Gäste hat er bereits durch seine Camps geschleust. 20 Prozent seien Wiederholungstäter, sagt der Unternehmer („Elephant Special Tours“), Arbeitgeber von mittlerweile 30 Mitarbeitern. Für den Dezember hat sich sogar eine 85-jährige Dame angekündigt. „Elefantenleute sind eben verrückt“, sagt Förster und schließt sich selbstredend mit ein. Schließlich frönt er seiner Obsession seit mittlerweile bald 25 Jahren.

Emigration ins Land der Rüsseltiere

Alles begann 1985. Förster war damals 23, ein „angry young man“, wie er selbst sagt, aber unglücklicherweise lebte er in einem Land, das sich im Würgegriff älterer Herren befand, die Polyesterhemden trugen und graue Anzüge und überhaupt keinen Sinn für zornige junge Männer hatten. Zwischen Bodo und der DDR bahnte sich ein ernstzunehmender Konflikt an, und wenn sich nicht ein wohlmeinender Freund eingeschaltet hätte, wäre es wohl übel ausgegangen für den Elefantenflüsterer in spe – für Bodo Förster aus Saalfeld in Thüringen. Der Freund riet zu einer Lehre im Tierpark Friedrichsfelde in Ostberlin. Zur Emigration ins Land der Rüsseltiere. Abtauchen zwischen den grauen Riesen, Demut lernen, Gelassenheit üben. Für jemanden, der neben einem Vertreter aus der Familie der Elephantidae steht, bis zu drei Meter hoch und fünf Tonnen schwer, wird auch das Politbüro ganz klein – so das Kalkül. Und so kam es auch. „Bodo wurde zahm im Zoo“, sagt Förster. Und er wurde ein Elefantenfreak. Neun Jahre diente Bodo Förster in Friedrichsfelde den Elefanten. In der Zwischenzeit fiel die Mauer, der Genosse Erich Honecker türmte nach Chile, in den Supermärkten gab es Bananen satt. Und Förster machte sich auf den Trip nach Fernost, nach Thailand und Burma, Laos und Vietnam, das Handwerk der Mahouts zu erlernen, jener legendären Elefantenführer, die die Kunst beherrschen, die tonnenschweren Tiere nach Belieben zu lenken. Das wollte Förster auch. Und was sprach noch dagegen? Er konnte reisen, er war jetzt frei, es gab keine Grenzen, keine Hindernisse mehr auf dem Weg zur Erfüllung des großen Traums.

In Lampang, im Norden Thailands, ließ sich der Tierpfleger zum Mahout ausbilden. Und das just zu einer Zeit, da in Thailand eine jahrhundertealte Tradition zu Ende ging. Mit dem Verbot des Holzeinschlags Ende der achtziger Jahre, wurden auch die Arbeitselefanten überflüssig. Aus einer würdevollen Kreatur, die für schwere Arbeit benötigt und dementsprechend gepflegt wurde, wurde ein Zirkustier.

Es begann mit einer Kuh

Förster wurde Zeuge vom Niedergang des asiatischen Elefanten. Und da fasste er einen Entschluss. Er wollte in Thailand bleiben und seine eigene Elefantenlodge aufbauen. Er wollte den Menschen den Respekt vor dem Elefanten beibringen. Er wollte den Elefanten ein würdevolles Leben ermöglichen. Und natürlich wollte er auch von etwas leben. Mit einem thailändischen Kompagnon baute er seine eigene Firma auf, Startkapital 5000 Euro. Irgendwann kaufte er seinen ersten eigenen Elefanten, die mittlerweile 50-jährige Kuh Mae Gaeo, und mietete einige andere Tiere mitsamt ihren Mahouts dazu. Dann kamen die ersten Kälber. Aus einem Camp wurden zwei. Gerade hat sich Förster seinen zweiten eigenen Elefanten zugelegt. Er sitzt jetzt inmitten einer ganzen Herde am nahen Wasserfall. Die Tiere prusten und tröten und spritzen mit Wasser, dass es eine rechte Freude ist.

Förster sieht glücklich aus. Er sagt: „Das hier ist mein Traum.“

Im Camp zum Elefantenführerschein - SPIEGEL ONLINE & FOCUS ONLINE

zum Originalartikel (mit Fotos):

SPIEGEL Online, vom 04.10.2009 
FOCUS Online, vom 06.10.2009

Ein Fan von Elefanten ist Bianca Horna schon lange, jetzt hat die hessische Unternehmensberaterin bei einem Kurs in Thailand den Dickhäuter-Führerschein gemacht. In besonderen Camps lernen Touristen, auf Elefanten zu reiten und mit ihnen richtig umzugehen.

 

Chiang Mai – „Kwe, kwe!“ – „Zurück!“ Mit diesem Ruf und mit Fußsteuerung von ihrem Sitzkorb aus versucht Bianca Horna, den Dickhäuter von der Bambusstaude wegzulocken und zum Weitertrotten zu ermuntern. Die Frankfurter Unternehmensberaterin und die thailändische Elefantendame – sie scheinen sich gut zu verstehen. „Mae Geo 3“, 22 Jahre alt und etwa im 19. Monat schwanger, schiebt sich noch sachte eine Bambusstange samt Blättern ins Maul und wackelt mit den Ohren. Dann setzt sie sich nach einem lauten „Hu, hu!“ – „Vorwärts!“ wieder gemächlich in Bewegung.

Bianca Horna wohnt in Bad Homburg und arbeitet im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen bei einer Management-Beratung. Heute hat die Urlauberin den letzten Reit- und Ausbildungstag ihres 14-tägigen Kurses im Elefanten-Camp von Mae Sapok. Das Dorf liegt im Norden Thailands in den Bergen, eine Autostunde von Chiang Mai entfernt.
Der Mahout von „Mae Geo“ und Betreuer von Bianca ist Doe, 25. Einen solchen Führer hat jeder der acht Elefanten in den zwei Camps am Dschungelrand. Die Mahouts sind rund um die Uhr bei den Tieren und schlafen neben ihnen im Wald. Für die Ausbildung der von Bianca Horna ist Dieter Schramm aus Innsbruck verantwortlich. Der 47-Jährige leitet das kleinere der beiden Camps von Elephant Special Tours.
Um Chiang Mai gibt es viele Elefantencamps, meist für Tagestouristen, die ein paar Fotos machen, eine Stunde reiten und dann Adieu sagen. In Schramms Camp stehen Lernen und Erleben bis zum „Elefantenführerschein“ im Vordergrund. Es geht nicht nur um Elefanten, sondern auch die Balance der fragilen Natur sowie Traditionen, Anbau und Leben der Bergvölker wie Karen und Hmong. „Und auch die Elefanten lernen, vor allem „Mae Geo 3“, sagt Horna. „Am ersten Tag musste ich mich meinem Tier mit dem Mahout sehr langsam nähern, viel reden, damit die Elefanten meinen Geruch und meine Stimme kennenlernen.“

Dicke Haut, aber empfindliche Ohren und Augen

Der Thüringer Bodo Förster, 46, und der Thailänder Mahn Tsetung haben das Unternehmen aufgebaut, sind auch die Inhaber. Förster war lange Zeit Elefantenpfleger im Tierpark Friedrichsfelde in Ost-Berlin. Wie Förster ist auch die Touristin aus Hessen schon sehr lange eingefleischte Fans der massigen Tiere; bei Bianca Horna sind sie aus Porzellan und Stoff in der Homburger Wohnung. Doch nach einem ersten Elefantenritt 2004 im Süden Thailands und dem Kursus 2009 zählt sie inzwischen zu den Experten unter Touristen.
Horna steigt nun ohne menschliche Hilfe über Schädel und Nacken auf den Elefanten. Die schwere Dame beugt sich und gibt so gekonnt Hilfestellung. Der Ritt führt abwärts durch Schlamm und über große Kiesel in einen kleinen Fluss. Die Deutsche reitet jetzt ohne Korb, sitzt auf dem Nacken von „Mae Geo“. Das Stöckchen mit stumpfen Haken zum Antreiben setzt sie möglichst behutsam ein. Die Tiere haben eine dicke Haut und Schädeldecke, aber Ohren und Augenpartie sind sehr empfindlich.
„Mae Geo“ liegt nun im flachen Flüsschen, bekommt noch ein paar Eimer voller Wasser über ihren Körper geschüttet. „Nur ein Mal bin ich richtig nass geworden. Da wollte ich im Fluss dem Tier beim Absteigen nicht auf den Bauch treten“, erzählt die Touristin. Ihr Mahout klärte sie dann auch, dass auch schwangere Elefantendamen sehr robust sind.
„Von Frankfurt fliege ich gern in ferne Länder. Nach Mallorca kann ich immer noch, wenn ich älter und nicht mehr so fit bin“, sagt Horna. „In diesen zwei Wochen habe ich mir einen Traum erfüllt.“ Sie ist gerührt, als ihr Schramm die Kursurkunde überreicht. Die Mahouts klatschen, und Doe ist stolz auf seine Schülerin.

von Bernd Kubisch, dpa

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