Verschaukelt im Camp - fernweh.aktuell.com
zum Originalartikel, fernweh-aktuell.com, 26.11.2012
Mae Sapok – Mit ihren 1,20 Meter ist Joelina die Größte. Auf jeden Fall die Mutigste, wie sie zwischen den Beinen der Dreitonner am Boden sitzt. Fünf Elefantendamen und ein Bulle bilden einen Kreis um die Neuankömmlinge und beschnüffeln sie mit ihren Rüsseln. Dazwischen wuselt der kleine Roger umher. Das Elefantenkind hat ungefähr das Alter von Joelina. Die kleine Schweizerin ist fünf und fürchtet sich höchstens ein winziges bisschen. Am Anfang steht die Mutprobe – für jeden, der das Handwerk der Mahuts erlernen will. Mahuts sind die Führer von Arbeitselefanten und oft auch ihre Besitzer. Die Mutprobe soll Ängste nehmen und Vertrauen geben. Ohne Vertrauen wird’s kompliziert. Die Großkaliber könnten das Häuflein Menschen mit einem Tritt zermalmen. Tun sie aber nicht, und ihre Gelassenheit überträgt sich schnell auf die Gruppe aus drei Erwachsenen und drei Kindern. Am Ende werden alle sagen, dass jene Minuten das eindrucksvollste Erlebnis dieser Reise waren.
„Nadelbäume würdest du komisch finden.“
In einem Elefantencamp im Norden Thailands, eine gute Autostunde südwestlich der Stadt Chiang Mai, kann man unter den wachsamen Augen der Mahuts lernen, die Dickhäuter zu reiten und mit ihnen Baumstämme zu rücken. Reisfelder, hellgrün in diesen Monaten der Regenzeit, und waldige Hügel bestimmen das Landschaftsbild. Eine ländliche Gegend, in der man sich nicht darauf verlassen kann, dass die Menschen Englisch sprechen. Schon gar nicht das Bergvolk der Karen, zu denen die Mahuts der Elefanten gehören und deren erste Fremdsprache Thai ist. Zum Glück gibt es David: Guide, Trainer und Dolmetscher. Der 27-jährige Deutsche knöpft sich erst einmal die Kinder vor für eine Lektion Elefantenkunde. Vor der Praxis steht wie bei jedem Führerschein die Theorie. David erzählt auch von der langen Tradition der Arbeitselefanten in Asien. Weil die Wälder Thailands fast komplett abgeholzt sind, ist der Holzschlag mittlerweile verboten – zu spät für die rund 2000 noch wildlebenden Elefanten. Für die etwa 2500 domestizierten bedeutet das den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Doch wohin mit den Elefanten, die 75 Jahre alt werden können? Viele kennen ihre Mahuts, seit diese Krabbelkinder waren. Der Tourismus ist ein Ausweg. Jeder Teilnehmer bekommt seinen eigenen Elefanten zugewiesen für die Tage im Camp. Die nächste Aufgabe ist eine sehr intime: zehn Minuten mit dem neuen Partner plaudern, damit er mit Mensch und Stimme vertraut wird – eine recht einseitige Angelegenheit. Doch was erzählt man einem asiatischen Elefanten? Die meisten senken unwillkürlich die Stimme, als wollten sie ein Geheimnis anvertrauen. Linus, 12, beschreibt seiner Mae Kledek, wie die Wälder in Deutschland aussehen. „Nadelbäume würdest du komisch finden.“ Die Elefantendame blinzelt gelangweilt. Vorsichtig streichelt er ihren Rüssel. Die dicke, ledrige Haut fühlt sich rissig und rau an. Flapp, flapp, machen die Ohren, die Klimaanlage der Elefanten. Der Mahut sitzt daneben und grinst. Es funktioniert, auch bei Joelina ist das letzte bisschen Angst verschwunden. Dann wird es ernst: aufsitzen. Auf Kommando senken die Tiere ihre Köpfe. Mit einem Bocksprung hechtet man über den Rüssel auf den Schädel des Elefanten, der im gleichen Moment wieder aufsteht. Gleichgewicht halten, umdrehen, nach vorn rutschen, Schienbeine hinter die Ohren klemmen. Wow! Drei Runden im Camp dürfen die Mahuts in spe üben und ihrem Elefanten klarmachen, dass sie nun den Ton angeben. „Hu!“, brüllt es vielstimmig, damit sich die Tiere in Bewegung setzen, mit „Hau!“ bremst man ab, und ein energisches „Guä!“ lenkt sie nach rechts oder links. Die Erwachsenen sollen das allein hinkriegen, hinter den Kindern sitzt ein Mahut. Der erste Spaziergang führt dennoch zu Fuß durch den Fluss. Die Riesen trotten hinterher wie brave Hündchen an der Leine. An einer Badestelle lassen sie sich nass spritzen. Elefanten baden für ihr Leben gern. Übermütig planscht Klein Roger, der seine Mutter Mae Kamnoi überallhin begleitet.
Unglaublich, wie leise Elefanten durch den Wald gehen
Am nächsten Morgen holt die Gruppe ihre neuen Freunde im Wald ab, wo sie die Nacht verbracht haben. Und so sehen sie auch aus: dreckig bis hinter die Ohren. Aufsitzen und in einer Reihe „Hu!“. Die Mahuts intervenieren selten. Auch die Kinder lassen sie erst einmal allein strampeln. „Hu! Guä, guä!“ Linus brüllt sich heiser. Seine Mae Kledek schlägt sich ständig in die Büsche, denkt nur ans Fressen. „Die ist vielleicht ein Dickkopf“, stöhnt er. Unglaublich, wie leise Elefanten durch den Wald gehen. Mit den Rüsseln allerdings machen sie einen Höllenlärm. Reißen Äste von den Bäumen und streifen geschickt die Blätter ab. Stecken überall ihre Nase rein. An einer Wasserstelle erfrischen sich die Dickhäuter – und duschen ihre Reiter gleich mit. Plötzlich stellt Mae Bung Tong sich quer und schaltet auf stur. „Scheiße“, sagt ihr offensichtlich vielsprachiger Mahut. Wie bitte? Ach so, die Dame muss mal. . . „Jetzt geht’s lo-hos“, trällert Joelina. Wieder im Camp, wartet schon das Mittagessen. Einer der Mahuts hat für alle gekocht. Während der ganzen Saison leben die jungen Männer hier als WG, in einer der landestypischen, mit Teakholzblättern gedeckten einfachen Holzhütten. Elefanten benötigen Unmengen an Nahrung. Die Aufgabe am dritten Tag lautet daher, Elefantengras zu schlagen. Die Erwachsenen können gar nicht so schnell gucken, wie die Kinder mit den Macheten im Feld verschwinden. Bis die drei Meter langen Gräser gebündelt und auf den Transporter geladen sind, fließt eine Menge Schweiß, aber alle Beine sind noch dran. Dem Nachmittagsunterricht steht also nichts im Weg: Baumstämme stapeln, die Königsdisziplin, immer paarweise und synchron. „Mae Kledek ist eine super Hochstaplerin“, schwärmt Linus, wieder versöhnt mit seinem Sparringspartner. Nach drei Tagen Elefantencamp heißt es Abschied nehmen. „Sawadi kap“, sagt Linus. Mae Kledek blinzelt nur. „Altes Pokerface“, flüstert der Zwölfjährige.
Von Dorothee Fauth
Wolfgang Pees hat Führerschein für Elefanten - RHEIN-ZEITUNG
zum Originalartikel, Rhein-Zeitung, 09.09.2012
„Vor 40 Jahren bin ich das erste Mal in Indien auf einem Elefanten geritten. Allerdings saß ich immer hinten auf dem Elefanten in einem Korb.“ Dies sind die Worte von Wolfgang Pees, der im Dezember vergangenen Jahres erfolgreich seinen „Elefanten-Führerschein“ bestanden hat. In den Jahren 1982 und 2009 unternahm er bereits weitere Reisen zu den liebenswerten Riesen.
2011 wurde Wolfgang Pees aufgrund einer Fernsehsendung auf Bodo Förster aufmerksam. Dieser lebt schon seit mehr als 20 Jahren in Thailand und arbeitet dort mit Elefanten. In der Fernsehsendung wurde erwähnt, dass man innerhalb von 14 Tagen den so genannten „Elefanten-Führerschein“ erwerben kann. Daraufhin hat Wolfgang Pees sich umfassend im Internat über das Thema informiert (unter www.elephant-tours.de) und später Kontakt zu Bodo Förster aufgenommen. „Meine Frau hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als ich ihr von meinem Vorhaben erzählt habe“, sagt Pees lachend. „Meine Söhne und Freunde waren eher der Meinung: Wenn nicht jetzt, wann dann?“.
Als alle Formalitäten wie Impfungen beim Arzt geklärt waren, ging es am 28. November 2011 los ins weit entfernte Mae Sopok, wo Pees die anderen Kursteilnehmer traf. Nach einem Essen und einer Dusche ging es für alle weiter ins Elefanten-Camp. „Die Straße zum Camp war in einem sehr schlechten Zustand“, berichtet er. Am Ort wurden alle Teilnehmer von den Mahouts (Elefantenführer) in Empfang genommen. Mahouts verbringen ihre gesamte Zeit im Camp, nur während der Regenzeit kehren sie in ihre Dörfer und zu ihren Familien zurück.
Der nächste Tag war für alle ein ganz besonderer, denn Förster teilte jedem seinen Elefanten zu. „Wir haben uns alle auf den Boden gesetzt und die Elefanten wurden von den Ketten befreit. Bodo hat jedes Tier beobachtet und konnte so jedem Teilnehmer einen Elefanten zuordnen. Für mich war es faszinierend zu sehen, wie feinfühlig diese riesigen Tiere sich uns gegenüber verhielten.“ Wolfgang Pees wurde die 3,5 Tonnen schwere, 2,30 Meter hohe und circa 55 Jahre alte Mae Kledek zugeordnet. Dann ging es erst richtig los. Die Mahouts brachten allen Teilnehmern die ersten von insgesamt 13 Kommandos bei und zeigten, wie man seinen Elefanten aufsattelt oder badet. Dabei wurde niemand verschont, auch die weiblichen Teilnehmerinnen nicht. Jeder musste sich um sein eigenes Tier kümmern. Jeden Morgen ging es zu Fuß zu den Nachtlagern der Elefanten und von dort zurück ins Camp zu einer weiteren Unterrichtsstunde.
Es gab auch Tage, an denen die Gegend nicht auf den Rücken der Elefanten erkundet wurde. Die Kursteilnehmer besuchten dann stattdessen Märkte und Tempel, aber auch ruhige Orte, an denen fast keine Touristen waren. Das „Thai Elephant Conservation Center“ (TECC) in Lampang war ebenfalls Ausflugsziel. Dabei handelt es sich um ein Elefanten Release-Projekt, das unter anderem von dem königlichen Hof und dem World Wildlife Fund (WWF) unterstützt wird.
Während seines Aufenthalts in Thailand erlebte Wolfgang Pees viele schöne Dinge. Verständlich, dass der Abschied von den Elefanten und den Menschen allen sehr schwer fiel. „Wir haben Bilder und Videos ausgetauscht und stehen weiterhin in Kontakt.“ Die schönste Erinnerung für Wolfgang Pees war jedoch, das zweite Bad mit seiner „Dame“. „Beim ersten Mal hat sie mich abgeworfen, beim zweiten Mal jedoch konnte ich mich halten, obwohl sie alles daran gesetzt hat, mich erneut abzuwerfen.“
Alle Teilnehmer haben den Aufenthalt in Thailand genossen und wollen sich in vier Jahren dort wieder treffen. Anfang September dieses Jahres ist Wolfgang Pees sogar als Überraschungsgast auf dem Geburtstag von einem der Teilnehmer eingeladen.
Von […] Kira Wille
In Thailand heisst «Hüa, hüa!» fast gleich - BLICK
zum Originalartikel, Blick, 09.03.2012
Vom Elefantenrücken und mit dem Roller zeigt sich der Norden in seiner ganzen Vielfalt.
Chiang Mai, die zweitgrösste Stadt Thailands, liegt inmitten der Berge. Sie lockt mit prunkvollen Tempelanlagen, pulsierendem Nachtleben und Shoppingmöglichkeiten. Für mich ist sie Ausgangspunkt für eine Rundfahrt mit dem Töff und einen Elefantenritt.
Ausgerüstet mit Proviant, fahre ich westlich Richtung Pai.
Vorbei an imposanten Reisterrassen reisend, entdecke ich die üppige Vegetation des Nordens. Unzählige Kurven machen die Fahrt zum Erlebnis. In der ehemaligen Hippiehochburg lasse ich den Tag in einer der vielen Bars bei Live-Musik und in Gesellschaft herzlicher Thais ausklingen.
Mein nächstes Ziel ist die Stadt Mae Hong Son an der Grenze zu Burma.
Burmesische Tempel, ein malerischer See und das morgendliche Markttreiben faszinieren. Weiter führt die Reise in den Nationalpark Doi Inthanon mit seinen gewaltigen Wasserfällen und heissen Quellen, in denen man baden kann. Langsam tuckere ich die Strasse zum gleichnamigen Berg hinauf, dem höchsten in Thailand. Innerhalb einer Stunde fallen die Temperaturen um 20 Grad.
Zurück in Chiang Mai, fahre ich per Taxi nach Mae Sapok.
Im Elefantencamp des Deutschen Bodo Förster will ich das Elefantenreiten erlernen. Kamüng, ein stämmiger Elefantenbulle, steht direkt vor mir. Fünfzehn Minuten lang spreche ich mit dem Riesen, so dass sich dieser an meine Stimme gewöhnen und meinen Geruch speichern kann. Mit Befehlsformen lerne ich, Kamüng dazu zu bewegen, sich vor mir zu verneigen, damit ich über seinen Kopf aufsteigen kann. Bewaffnet mit einem Elefantenstab setze ich mich in den Nacken des Dickhäuters. Ein unbeschreibliches Gefühl.
Nach einem lauten «Hua, hua!» («Vorwärts!») und einem kräftigen Schlag auf den Schädel setzt sich der Bulle gemächlich in Bewegung. «Geht doch», denke ich und dirigiere den Elefanten durch Fluss und Dschungel.
Ganz so einfach lässt Kamüng sich doch nicht steuern. Statt zu gehorchen, nascht er lieber Bambus, 200 Kilogramm am Tag. Mit «Kwe, kwe» («Zurück!») ermuntere ich den Dickhäuter immer wieder zum Weitertrotten. Manchmal hilft alles Brüllen, Lenken, Stupsen und Zurückweisen nichts – Elefanten lassen sich kaum stressen.